Das Naumburger Marientor ist eines der ganz seltenen spätmittelalterlichen Stadttore, das noch komplett mit der Barbakane (oft auch als „Fanghof“ bezeichnet) erhalten ist. Der älteste Teil des Gebäudes, der mächtige Torturm, stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Torhaus und Barbakane wurden im 15. Jahrhundert ergänzt und erhielten zu Beginn des 16. Jahrhunderts ihr heutiges Erscheinungsbild.
Von 1997 bis 2000 mit Fördermitteln der Wüstenrot-Stiftung saniert, wurde das Marientor im Juni 2000 offiziell der Öffentlichkeit übergeben. In zahlreichen kleinen Räumen des Tores, die früher zeitweise als Gefängnis genutzt wurden, findet der heutige Besucher eine informative Ausstellung über die historischen Befestigungsanlagen Naumburgs.
Vom Turm des Tores aus bietet sich eine herrliche Sicht auf die Silhouette der Stadt.
Marientor
Marienplatz
06618 Naumburg
Tel. 03445-703503
Öffnungszeiten
1. April bis 31. Oktober
Dienstag bis Sonntag 10.00 - 16.30 Uhr
Montag Ruhetag
An Feiertagen (Oster- und Pfingstmontag etc.) geöffnet
Eintritt
1,00 Euro über Münzautomat
Baugeschichte
Das Marientor, wie es uns heute in Erscheinung tritt, ist im Wesentlichen einer Ausbauphase Mitte des 15. Jahrhunderts zu verdanken. Bis um 1340 muss an gleicher Stelle eine hölzerne Befestigung gestanden haben, die Mitte des 14. Jahrhunderts abgerissen und als wehrhafte steinerne Befestigungsanlage wiederaufgebaut wurde. Der mächtige Torturm entstammt dieser Zeit, beidseitig von hohen dicken Mauern gesäumt. Um 1456/58 wurden alle feldseitigen Stadttore, so auch das Marientor, ausgebaut und modernisiert. Mit der Anlage eines Zwingers war ein weiteres äußeres Tor vonnöten. Naumburg als moderne und reiche Handelsstadt entschied sich für den Bau einer sog. Barbarkane, oft auch als Fangtor bezeichnet, welches allerdings als nüchterner Funktionsbau ausgeführt wurde. Erst in der letzten mittelalterlichen Ausbauphase um 1540 sind Schmuckelemente am Marientor hinzugekommen, die heute entscheidend das Erscheinungsbild prägen. Dazu gehören die Kielbogenblenden aus beidseitig gekehlten Formsteinen im Innenhof und der später erhöhte Treppengiebel mit aufgelegter Rautengliederung an der südöstlichen Giebelseite.
Spätestens im 16. Jahrhundert wurde das Marientor auch als Gefängnis genutzt, da die damals meist leerstehenden dickwandigen Innenräume bestens geeignet dafür waren. Bis um 1870 konnten in den vier großen „Zellen“ im Torturm und später in einer weiteren Zelle im südöstlichen Wehrgang Häftlinge untergebracht werden. Der Bau eines modernen Gefängnisses in den 1860er Jahren machte das Marientor als Gefängnisgebäude überflüssig.
Das Marientor war aber nicht nur Gefängnis, sondern auch Wohnstätte. Nach den Teilzerstörungen im Dreißigjährigen Krieg (1642) entstanden im Marientor Wohnungen sowohl für den Tor- und Gefängniswächter als auch für die arme Bevölkerung. Im späten 19. Jahrhundert wurden auch die großen Arrestzellen als Wohnraum erschlossen. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren im Adressbuch unter der Wohnanschrift Marienplatz Nr. 11 Wohnungen aufgeführt.
Augenscheinlich ist der Anbau außen an der Südostmauer der Barbarkane. Dabei handelt es sich um das einstige „Akzisehaus“ (frz. „Akzise" = Torzoll), was im späten 18. Jahrhundert erbaut wurde und heute u.a. dem Theater als Foyer dient. Dieser „Neubau“ diente dem Zöllner als Aufenthaltsbereich. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war das Marientor wie auch alle anderen Stadttore Zollstelle.
Dass das Marientor heute noch erhalten ist, ist ein Glücksfall. Zwinger und große Teile der Stadtmauer wurden nach 1819 abgetragen, nicht aber das Stadttor. Es bestand damals keine Notwendigkeit das Tor abzureißen, da genügend Platz für die neue Ausfallstraße gegeben war. Von den alten Toren überlebte so, nach jahrzehntelangen Abbrüchen, nur das „Marientor".
Veranstaltungsort
In den Sommermonaten wird der Torhof für Theater- und Musikveranstaltungen genutzt. Daher ist er in dieser Zeit nur für die Besucher dieser Veranstaltungen zugänglich. Eine Turmbesteigung ist während der Öffnungszeiten in der Saison jederzeit (außer montags) möglich.
Falls das Marientor als Veranstaltungsort für Sie infrage kommen sollte, sprechen Sie uns an.